Was ist systemisches Konsensieren?

Konsensieren ist (nicht) der Weg des geringsten Widerstands

Ja, es geht darum, den Vorschlag mit dem geringsten Gruppenwiderstand zu finden.

Wir finden die Lösung mit dem geringsten Konfliktpotenzial und der geringsten Unzufriedenheit in der Gruppe. Diese Lösung wird von allen gemeinsam am leichtesten angenommen. Und anders als es oft bei Abstimmungen ist, die nach der „Lieblingslösung“ fragen, wird unsere, gemeinsam gefundene option bei der Umsetzung am wenigsten bekämpft werden. Wir haben also nach der Entscheidung eine verlässliche Basis und somit eine nachhaltige Lösung. Sie kommt dem Konsens am nächsten. Darum bezeichnen wir sie als „konsensiert“. Der Prozess, der zum konsensierten Vorschlag führt, heißt „Konsensieren“.

Aber nein, es ist nicht der Weg des „geringsten Widerstands“ mit weichgespülten Lösungen.

Wenn wir eine Lösung suchen, bei der wir nicht hinterher – nach der Entscheidung, bei der Umsetzung – mit Widerständen zu rechnen haben, dann brauchen wir eine gute, überzeugende Lösung! Darum ist unser Ziel weder ein lauer Kompromiss noch ein Konsens, den man nur schließt, um aus dem unbequemen Meeting schnell wieder rauszukommen. Sondern eine Lösung, auf die sich alle Beteiligten einlassen können und bei der alle an einem Strang ziehen.

Angenommen, sie haben zwei Optionen, um ein Problem zu lösen. Eine bewerten Sie als befriedigende Lösung die andere jedoch nicht. Welcher Option würden Sie größeren Widerstand entgegensetzen? – Wahrscheinlich der unbefriedigenden Lösung, richtig? So ist das bei den meisten Menschen – oder vielleicht sogar bei allen. Vorschläge, die ein Problem nicht befriedigend lösen, rufen Widerstand hervor. Sie haben keine Chance und finden keine Mehrheit. Das gilt erst recht für die Mogelpackung, den „Weg des geringsten Widerstandes“. Schon beim Vorschlagen würde er rausfallen.

Oder andersherum: Eine konsensierte Lösung ruft hohe Akzeptanz hervor, weil sie das Problem befriedigend löst und – das hilft enorm bei der Umsetzung – später ein Minimum an unangenehmen Nebenwirkungen und Widerständen nach sich zieht. Das macht sie zur – aus Gruppensicht – befriedigendsten Lösung, auf die sich alle einlassen und so aktiv am Gelingen mitwirken können.